Building brands with #eSport

Seit über 15 Jahren existiert der eSport, wie er sich heute darstellt. In unterschiedlichen Turniermodi einzelner Veranstalter werden Millionen Spieler aus aller Welt über das Internet vom Breitensport bis hin zum Spitzensport vor Live-Publikum geführt. Vorbei ist es mit dem Dasein weniger Marken in der Nische der Core Gamer. Der eSport erreicht die Massen.

Coca Cola und Samsung investieren schon seit Jahren Sponsor- und Werbegeld in eine Industrie mit 1,2 Milliarden Gamer weltweit. Red Bull betreibt einen eigenen Spartenchannel im Web. Das digitale Spiel ist Kulturgut und Industrie im gleichen Maße geworden. Der eSport entwickelt sich von der Nische zum Mainstream.

Und wo ist Dein Brand? 

Mittlerweile ist es auch im deutschsprachigen Markt zu beobachten: In vielen Mediaplänen werden Budgets für TV-Kampagnen nicht nur auf Videoangebote wie YouTube, sondern auch Richtung eSport-Übertragungen via Internet verschoben.

Ob als Live Event oder On Demand, der eSport Content wird von Millionen Zusehern dort konsumiert, wo Medienkonsum auch Partizipation und Kollaboration beinhaltet. Nein, ich rede nicht von Gamification. Es geht um neue TV-Formate abseits der Mediathek-Formate und YouTube. Dabei gibt es durchaus Parallelen zur klassischen Sportberichterstattung.

‘Fish where the fish are’ – Die Hidden Champions für Fernsehwerbung

Für Werbekunden viel interessanter hingegen sind Plattformen, die den eSport als Live-Event und mit interaktiven Sonderformaten präsentieren. Hitbox ist ein Start-Up im Livestreaming-Sektor mit Spezialisierung auf den Gaming-Bereich. Der Start up-Fonds Speed Invest hat sich im Zuge einer Finanzierungsrunde an dem Wiener Start-Up beteiligt. Von den Zugriffszahlen des Live-Stream-Portals HITBOX.tv können viele klassische TV-Broadcaster nur träumen. Im Long Tail werden über dieses Start-Up des Gründers Martin Klimscha sowie Mitgründers Can Ertugrul Umsätze generiert, die auch klassische Werber und deren Agenturen aufhorchen lassen.

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„Sie sind zu 74 Prozent männlich, zwischen 16 und 35 Jahren alt und haben ein durchschnittliches Haushaltseinkommen von 74.000 Dollar im Jahr.“, so die hitbox-Manager über ihre Zuseher.

Die Bedeutung des Live-Events erklärt T.L. Taylor, Associate Professor in Comparative Media Studies am MIT, in einem Interview sehr ausführlich:

“There are so many fascinating things happening in that space it’s hard to pick just one angle. I’m interested in moments where the platform allows players or commentators to develop new relationships with their fans and audiences and, importantly, develop new economic possibilities through it. I’m looking at how some streamers talk about a desire to professionalise which presents some interesting – and incredibly important – challenges to the way user-created content has typically been framed (as mostly about fandom and non-commercialisation). I’ve also been amazed to see the level of work happening with third parties who are producing eSports content – often for multinational audiences. Following their work behind-the-scenes at events has been fascinating. It’s getting to watch a new media industry emerge.”

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Das Angebot von hitbox an Gamer: http://switch.to.hitbox.tv/

Ein ähnliches Angebot mit reduzierten Features bietet auch das von Amazon kürzlich um USD 970 Millionen gekaufte Unternehmen Twitch. Die mediale Inszenierung von eSport braucht dabei keinen Vergleich mit klassischen Broadcaster-Formaten wie der UEFA Champions League scheuen.

Hier eine Aufzeichnung der mehrstündigen Live-Übertragung des diesjährigen Finales der League of Legends World Championship:

Normalerweise sind diese Weltmeisterschaften das Hoheitsgebiet globaler Markenauftritte. Aber mit den Formaten auf HITBOX.tv sind auch regional begrenzte Kampagnen möglich. Oder Partnerschaften mit heimischen eSport-Teams und Veranstaltern.

eSport im österreichischen Fernsehen vor 10 Jahren

Schon im Jahr 2004 gab es erste Marketingkampagnen in einem eSport-Format aus Österreich – der ORF Ski Challenge. Ein Projekt, das ich von Anfang an mitentwickeln durfte. Das Format gilt bis heute als Referenz-Projekt für technische und inhaltliche Konvergenz – dargestellt im folgenden Video von Hans Wu (ORF).

Mit 3,5 Millionen Spielern wurden pro Saison bis zu EUR 1 Mio Sponsoreinnahmen mit Partnern wie UNIQA, Telekom Austria, tipp3 u.v.m. lukriert. In Partnerschaft mit TV-Anstalten wie ORF, Schweizer Rundfunk und RTL wurden nationale und internationale eSport-Meisterschaften parallel zum klassischen Bewerb der FIS abgewickelt. Im Webcast, im klassischen TV und als Real Event Format.

Der Live-Event im öffentlich-rechtlichen Fernsehen war für unser Team der nächste logische und schon konkret geplante Schritt für die Saison 2009/2010. Dazu kam es leider nicht mehr.

Wissenschaftlich belegt: Die Präsenz im eSport ist für viele Brands ein Must

Mein Kollege Alexander Pfeiffer und ich schrieben zum Thema eSport ein Buch, basierend auf unserer Masterthesis für den Lehrgang “Applied Game Studies”.

Das Buch behandelt vorrangig die Forschungsfrage, ob der eSport von Athleten und (!) Zusehern als Sport wahrgenommen wird oder nicht. Die Beantwortung dieser Forschungsfrage in dem Buch ist auch eine Entscheidungsgrundlage für:

  • eSportler und ihre Vereine (Clans) sowie deren Verbände
  • Medienpartner, Vermarkter, Werbekunden und Sponsoren
  • Spiel-Industrie

Im Mittelpunkt stand die Hypothese, dass eSport als Sport wahrgenommen wird, wenn das eSport-Event dem Muster der medialen Inszenierung klassischer Sportveranstaltungen entspricht und dabei die sportliche Leistung inhaltlich zu identifizieren ist.

Das Team "Samsung Galaxy White", "League of Legends"-Weltmeister 2014 mit USD 1 Mio Preisgeld

Das Team “Samsung Galaxy White”, die “League of Legends”-Weltmeister 2014 gewannen USD 1 Mio Preisgeld

Die 2011-2012 gestellte Forschungsfrage wird mittlerweile nicht nur wissenschaftlich, sondern auch durch die Entwicklung des eSport in den letzten 3 Jahren beantwortet und die These belegt: eSport ist Sport. Und es ist ein prosperierender Markt für die Kommunikationswirtschaft.

Denn der eSport erreicht nun auch in Europa und den USA eine relevante Anzahl an Fans und Breitensportler aufgrund einer medialen Inszenierung, die analog zur gelernten Aufbereitung von Sport im klassischen Umfeld umgesetzt wird.

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Bis dato fand in den klassischen Medien eine Berichterstattung über eSport im Vergleich zu etablierten Sportarten nur sehr geringfügig statt. Das ändert sich nun.

Denn mittlerweile wird die Leistung der Athleten anerkannt, u.a. durch eine Generation von Medienmachern, die selbst Spiele spielen. Und zudem ist die Präsentation von eSport seitens der Veranstalter und ihrer Medienpartner nicht mehr semi-professionell wie noch vor einigen Jahren.

Letztes Jahr sahen beim Finale der League of Legends World Championship 32 Millionen Menschen zu – und zwar online oder sogar via Live-Übertragung in Kinos. Damit nähert man sich den Reichweiten von Spitzenspielen der FIFA Fussballweltmeisterschaft 2014. Und der offizielle Song zum Event generierte fast 18 Millionen views auf YouTube.

Unumstritten ist mittlerweile auch die Antwort auf die Frage, ob der eSport aus wissenschaftlicher Sicht Sport ist und falls ja wo die Grenzen zwischen dem digitalen Spiel und dem eSport als Sport(art) liegen. Noch ist der eSport vom Deutschen Olympischen Sportbund sowie vom Deutschen Bundesinstitut für Sportwissenschaft nicht als Sportart anerkannt.

Aber in vielen anderen Ländern, auch in Europa, wird eSport offiziell als Sport anerkannt und gefördert. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis bei den Olympischen Spielen auch eSport-Disziplinen Platz finden. Denn eSportler sind ernstzunehmende Athleten. Gefordert sind Hand-Augen-Koordination, Reaktionsgeschwindigkeit und Durchhaltevermögen sowie räumliches Orientierungsvermögen, Spielübersicht, Spielverständnis, taktische Ausrichtung, vorausschauendes und laterales Denken.

Fazit:

Das kompetitive Spielen am Computer oder mit der Spielkonsole – der eSport – wird tatsächlich als Sport wahrgenommen. Zudem haben die medialen Plattformen des eSports eine relevante Reichweite. Somit wird eSport auch für Werbekunden und Sponsoren interessant.

Der eSport findet nun seinen ihm zustehenden Platz in der Berichterstattung und hat dementsprechende Geschäftsmodelle zur Folge. U.a. die Vermarktung an Werbekunden abseits des Sponsorings. Der erste (und einfachste) Schritt ist TV-Spots im medialen Umfeld des eSports zu schalten.

Friedrich Schiller folgend, der schon in den Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen schrieb:

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Ich freue mich über Feedback, Anregungen und Anfragen zum Thema (Kontakt)

Update 22. Oktober 2014:

Die drei großen Herausforderung für den eSport in Zukunft:

#1 Der würfel-förmige Fussball

Der eSport wird vorrangig von den Produzenten der Spielesoftware (z.B. League of Legends oder Starcraft) und deren Publisher getragen. Die Abhängigkeit des Sports von der Industrie und deren Software ist durchaus kritisch zu sehen. Würden diese Unternehmen die technischen Plattformen ändern, wären das massive und weitreichende Eingriffe in den Sport und seine Strukturen. Das betrifft auch die Medienpartner, die Vermarkter und Werbekunden.

© Marv Watson

© Marv Watson

#2 Wie viele Weltmeister gibt es tatsächlich?

Der eSport ist nur bedingt in länderübergreifenden Verbandsstrukturen organisiert. So war bis 2013 ein Titel bei den World Cyber Games (WCG) das Mass aller Dinge für die Athleten. Aber im Februar 2014 musste der Wettbewerb mangels Sponsor-Einnahmen abgesagt werden. Das betraf in Folge auch alle Qualifikationsturniere in den einzelnen Ländern. Eine unangenehme Situation für die Athleten, Teams und deren Sponsoren.

Für Werbekunden und Sponsoren mit Zielgruppen im deutschsprachigen Raum ist die Electronic Sports League (ESL) eine interessante Plattform. Das autonome Medienmanagement auf eigenen Plattformen sowie die Vermarktung der ESL ist als Business Case eine Referenz für den eSport.

Aber die Strukturen des eSports zwischen Breitensport und Profisport sind unorganisert und kein Fundament für den aus Sicht der Vermarkter interessanten Spitzensport. Bestehende Verbandsstrukturen sind mit jenen im klassischen Sport nicht vergleichbar, z.B. wie beim Fussball FIFA > UEFA > DFB.

#3 Sieger ist, wer mehr Tore schießt.

In der oben erwähnten Forschungsarbeit untersuchten wir bei ca. 500 Zusehern die Akzeptanz von eSport-Disziplinen, deren Spielverlauf und Regelwerk sowie die audio-visuelle Darstellung in unserem Kulturkreis nicht nachvollziehbar sind. U.a., weil sich die Medienkompetenz und der Medienkonsum in Asien von dem europäischer Zuseher deutlich unterscheidet.

Hier ein Beispiel – die folgende Spielanalyse ist für Menschen, die das Spiel nicht kennen, kaum nachvollziehbar:

Tatsächlich ist die Akzeptanz der eSport-Formate mit der Fussballsimulation Fifa beim europäischen Publikum signifikant höher als mit international relevanten Formaten wie League of Legends oder Starcraft. Fussball ist in unseren Märkten grundsätzlich gelernt. Auch der Erfolg des eSport-Events ORF Ski Challenge basiert auf der Tatsache, dass in alpinen Regionen der Skisport kulturell und medial in der Gesellschaft verankert ist.

Durchaus interessant wird es aber, wenn jene Inhalte zu eSport-Formaten werden, die zwar noch nicht lange in unseren Märkten existieren, aber ganze Generationen begeistern. Schon mal von der Pokemon World Championship gehört?


Eine Liste interessanter Videos zum Thema eSport

Eine sehr spannende Diskussion zum Thema “Business of eSports” gibt es hier zu sehen (Playlist mit 5 Videos, Gesamt: 103 min):

Eine sehr lange (aber sehenswerte) Playlist (16 Videos) umfasst die Serie “This is eSports” von Red Bull eSports, u.a. mit Features über die Geschichte von Starcraft, eines der wichtigsten Spiele im eSport:

Ein Porträt des Profispielers Jonatan ‘Devilwalk’ Lundberg mit Sequenzen aus dem Spiel Counterstrike sowie grossartigen Actionaufnahmen:

Eine Dokumentation über drei professionelle Spieler im Wettkampf um USD 1 Million Preisgeld beim ersten Dota 2 International Tournament in Köln:

Aus dem Jahr 2012; eine sehenswerte Dokumentation über die Geschichte des eSports und das Business dahinter:

Die 2014 veröffentlichte Dokumentation State of Play – Rise of the King porträtiert koreanische Spitzensportler (Trailer):

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